Ich habe an meiner Pinnwand – gut sichtbar
– einen aus Papier
ausgeschnittenen Fußabdruck mit folgender Aufschrift
hängen:
"Schritt – Atemzug – Besenstrich".
Dies erinnert mich in den größten
Stresssituationen daran,
dass ich einen Schritt nach dem anderen machen, und das
Luftholen
zwischendurch nicht vergessen soll.
Auch eine schier unüberwindbare Strecke kann so bewältigt
werden …
Hintergrund dazu ist die Geschichte von
„Beppo, dem Straßenkehrer“
aus MOMO von Michael Ende:
Beppo der Straßenkehrer
Beppo der Straßenkehrer tat seine Arbeit
gern und gründlich.
Er wusste, es war eine notwendige Arbeit.
Wenn er die Straße kehrte, tat er es langsam, aber
stetig:
bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug ein
Besenstrich.
Schritt – Atemzug – Besenstrich, Schritt –Atemzug
– Besenstrich…
Dazwischen blieb er manchmal eine Weile stehen und blickte
nachdenklich vor sich hin.
Und dann ging er wieder weiter – Schritt – Atemzug
– Besenstrich…
Während er sich so dahin bewegte, vor sich die schmutzige
Straße und
hinter sich die saubere, kamen ihm oft große
Gedanken…
Nach der Arbeit, wenn er bei dem Mädchen Momo
saß,
erklärte er ihr seine großen Gedanken.
Und da sie auf eine besondere Art zuhörte, löste sich
seine Zunge,
und er fand die richtigen Worte. "Siehst du Momo", sagte er
dann
zum Beispiel, "es ist so: manchmal hat man eine lange Straße
vor sich.
Man denkt, die ist schrecklich lang; das kann ich niemals schaffen,
denkt man.
"Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er
fort:
"Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer
mehr.
Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es nicht weniger
wird
was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr
an,
man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz aus der
Puste
und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor
einem.
So darf man das nicht machen." Er dachte einige Zeit
nach.
Dann sprach er wieder: "Man darf nie an die ganze Straße auf
einmal denken, verstehst du?
Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den
nächsten Atemzug,
an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den
nächsten.
"Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er
hinzufügte:
"Dann macht es Freude, das ist wichtig, dann macht man seine Sache
gut.
Und so soll es sein".
Und abermals, nach einer langen Pause fuhr er fort:
"Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze
Straße gemacht hat.
Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer
Puste".
Er nickte vor sich hin und sagte abschließend:
"Das ist wichtig".
Aus: MOMO von Michael Ende
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